CODART, Dutch and Flemish art in museums worldwide

Städel Museum Acquires Dirck Van Baburen Painting of a Young Man Singing

The Städel Museum in Frankfurt has announced the acquisition of an important painting by the Utrecht artist Dirck van Baburen (ca. 1595-1624). It shows a young man singing from a songbook on which the artist signed and dated the painting: D. Baburen fecit. An o 1622.

Press release announcing lecture on the acquisition by Marcus Dekiert, to be held on 19 February 2008 at 7 p.m.

Das Städel erwirbt ein wichtiges Werk des niederländischen Barockmalers und Caravaggisten Dirck van Baburen

Vortrag

Dienstag, 19. Februar 2008, 19.00 Uhr, Saal Nr. 14, Städel Museum

Das Städel Museum konnte seinen Altmeisterbestand um ein Meisterwerk des holländischen Barock erweitern. Mit Unterstützung der Hessischen Kulturstiftung, der Kulturstiftung der Länder und des Städelschen Museums-Vereins wurde das Gemälde „Singender junger Mann‘‘ von Dirck van Baburen aus dem Jahr 1622 (Öl auf Leinwand, 71 x 58,8 cm) Ende dieses Jahres aus Privatbesitz erworben. „Dieses wichtige Gemälde‘‘, so Max Hollein, Direktor des Städel Museums, „ist ein großartiges Weihnachtsgeschenk für die Sammlung des Städel. Innerhalb der letzten 50 Jahre repräsentiert diese Erwerbung sicherlich einen der wichtigsten Ankäufe des Städel Museums im Altmeisterbereich. Mein besonderer Dank gilt daher den Stiftungen und dem Museums-Verein, die uns dabei so zügig und begeistert geholfen haben. Die Sammlungspolitik des Städel erlebt derzeit eine intensive Phase mit bedeutenden Zugängen sowohl im Bereich der Moderne und der zeitgenössischen Kunst als auch im Bereich der alten Meister. Durch den Neuzugang des Gemäldes Dirck van Baburens konnte eine empfindliche Lücke im reichen Sammlungsbestand der holländischen Barockmalerei geschlossen werden.‘‘ Der „Singende junge Mann‘‘, der ab sofort in der Galerie zu betrachten ist, hat einen prominenten Platz neben Rembrandts Meisterwerk „Die Blendung des imson‘‘ erhalten. „Damit wird für den Städel-Besucher‘‘, so Priv.-Doz. Dr. Jochen Sander, stellvertretender Direktor des Städel Museums und Sammlungsleiter für flämische Gemälde und Gemälde der romanischen Schulen vor 1800, „erstmals unmittelbar erkennbar, was der Großmeister der holländischen Barockmalerei an den Werken der ‚Utrechter Caravaggisten‘, die mit van Baburen nun glanzvoll in die Sammlung eingezogen sind, so geschätzt und seiner eigenen Kunst anverwandelt hat.‘‘

Anlässlich der Neuerwerbung wird Dr. Marcus Dekiert, Konservator für holländische und deutsche Malerei an der Alten Pinakothek in München und hervorragender Kenner der „Utrechter Caravaggisten‘‘, am Dienstag, den 19. Februar 2008, um 19.00 Uhr im Städel Museum einen Vortrag halten, in dem er van Baburens „Singenden jungen Mann‘‘ in den Kontext der halbfigurigen Musikantendarstellungen der Caravaggio-Nachfolge stellen wird.

Die Darstellung

Das Gemälde zeigt das Brustbild eines singenden jungen Mannes. Er ist dem Betrachter fast frontal zugewandt, hat den Kopf leicht zurückgelegt und zugleich nach rechts geneigt und blickt Aufmerksamkeit heischend aus dem Bild heraus. Der geöffnete Mund macht ebenso wie das geöffnete Notenheft in der vor dem Körper erhobenen linken Hand deutlich, dass der junge Mann ein Lied vorträgt. Seinen Gesang begleitet er mit der erhobenen rechten Hand. Die Nahsichtigkeit der Darstellung, die ausdrucksstarke Pose und Physiognomie des Singenden, seine phantastische Kostümierung, die an eine Figur des zeitgenössischen Theaters erinnern soll, dazu die zugleich kraftvolle und raffinierte Lichtführung machen dieses Bild zu einem überaus charakteristischen Meisterwerk der nordischen Rezeption des großen Barockmalers Caravaggio.

Der Künstler und das halbfigurige Musikantenbild

Der schon in jungen Jahren verstorbene Dirck van Baburen (um 1595–1624) gehört neben Hendrick Terbrugghen und Gerard van Honthorst zu den bedeutendsten Vertretern der sogenannten Utrechter Caravaggisten. Nach seiner Ausbildung bei Paulus Moreelse arbeitete Dirck van Baburen von 1615 bis 1621 in Rom, wo er direkt mit den Werken Caravaggios und seiner Nachfolger in Berührung kam — darunter auch Darstellungen von Musikern im Halbfigurenbild. Caravaggio selbst hatte diesen Bildtypus in den 1590er-Jahren „erfunden‘‘ und dann weiterentwickelt. Es waren Terbrugghen und van Baburen, die diesen danach vor allem in Utrecht, aber auch ansonsten in der holländischen Malerei überaus beliebten Bildtypus im Norden einführen sollten. Van Baburens Gemälde des singenden jungen Mannes ist inschriftlich 1622 datiert, entstand also unmittelbar nach der Rückkehr des Künstlers nach Holland. Damit gehört es nicht nur zu den frühesten und bedeutendsten Beispielen dieses Genres im Werk des bereits zwei Jahre später verstorbenen Künstlers, sondern zu den schönsten und charakteristischsten Werken dieses Bildtypus nördlich der Alpen überhaupt. Zeitgleich bzw. nur knapp zuvor sind zwei weitere halbfigurige Musikanten Dirck van Baburens entstanden, der 1621 datierte „Maultrommelspieler‘‘ und der 1622 datierte „Lautenspieler‘‘, beide im Centraal Museum in Utrecht. Der „Lautenspieler‘‘ weist mit dem städelschen „Jungen Sänger‘‘ identische Maße auf; auch das Modell ist bei beiden Gemälden das gleiche. Möglicherweise hat sich Dirck van Baburen in beiden Musikanten selbst dargestellt.

Der Sammlungskontext des Städel Museums

Innerhalb der reichen Sammlung holländischer Barockmalerei im Städel schließt van Baburens „Junger Sänger‘‘ eine empfindliche Lücke, fehlte doch bislang ein herausragendes Werk aus dem Kreis der „Utrechter Caravaggisten‘‘. Seit Gründung des Museums zu Anfang des 19. Jahrhunderts haben niederländische Gemälde des 17. Jahrhunderts das Sammlungsprofil in ganz besonderem Maße bestimmt. Doch entsprechend dem Geschmack der bürgerlichen Frankfurter Sammler dominierten zunächst klein- und mittelformatige Landschaften, Genreszenen, Stillleben oder Bildnisse, während die „große‘‘ Historienmalerei erst mit Rembrandts grandioser „Blendung Simsons‘‘ 1905 Einzug ins Städel fand. Dessen bühnenartige Inszenierung des gewaltsamen Geschehens, seine dramatische Lichtführung und die ungeschminkte Wiedergabe realistischer Details verdanken sich entscheidend dem Eindruck, den Werke der „Utrechter Caravaggisten‘‘ in der Art von Dirck van Baburens „Jungem Sänger‘‘ auf Rembrandt gemacht haben. Daher wird das neu erworbene Gemälde in der Städel-Sammlung seinen Platz in direkter Nachbarschaft zu Rembrandts „Blendung Simsons‘‘ haben. So unterschiedlich die beiden Werke in vielfacher Hinsicht auch sind, so intensiv ist der künstlerische Dialog, in den sie nun im Städel eingetreten sind.

Auch der radikale Bruch, den die in Italien an Caravaggio und seinen Nachfolgern geschulten Künstler wie Dirck van Baburen mit der heimischen Tradition vollzogen, lässt sich in der Sammlung des Städel Museums gut studieren: Mit Gemälden von Karel van Mander, Cornelis van Haarlem und Abraham Bloemaert verfügt das Museum über charakteristische Werke des holländischen „Manierismus‘‘, den die ältere Künstlergeneration vertrat und von dessen Gestaltungsprinzipien sich die jüngeren, an Caravaggio geschulten Maler bewusst absetzen wollten. Insofern ist ein hochkarätiges Gemälde eines der drei führenden „Utrechter Caravaggisten‘‘ — van Baburen, Terbrugghen, van Honthorst — seit Jahrzehnten ein besonderes Desiderat für die Städel-Sammlung.

Die Provenienz

Das brillant erhaltene Gemälde befand sich spätestens 1878 auf dem Gut Langenstein bei Halberstadt, das 1776 von der vormaligen Maitresse des Erbprinzen Carl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel (1735–1806), der hoch gebildeten Maria Antonia de Branconi (1746–1793), erworben worden war. Wann das Bild van Baburens nach Langenstein kam, ist nicht bekannt. Eine Herkunft aus der berühmten Salzdahlumer Sammlung der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel (die im 19. Jahrhundert größtenteils in den Sammlungsbestand des Herzog Anton Ulrich-Museums in Braunschweig eingegangen ist), wie gelegentlich erwogen, erscheint eher unwahrscheinlich. Seit seiner ersten Nennung in der kunsthistorischen Fachliteratur durch den großen Berliner Museumsmann Wilhelm Bode im Jahr 1878 ist das Gemälde im Familienbesitz verblieben, aus dem es nun direkt vom Städel Museum erworben werden konnte.