CODART, Dutch and Flemish art in museums worldwide

Die “Kleine Eiszeit”: holländische Landschaftsmalerei im 17. Jahrhundert

The "small ice age": Dutch landscape painting in the 17th century Exhibition: 30 January - 7 April 2002

A dossier exhibit in the study gallery of works from the museum’s own holdings.

Information from the Gemäldegalerie, Berlin

Die holländische Malerei hat sich bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts ausführlich den Phänomenen der Natur, der Geologie und Geographie zugewandt, wobei die Darstellung des eigenen Landes im Mittelpunkt des Interesses stand. Nur in den Niederlanden konnte sich die Landschaftsmalerei bereits um 1620 als eine eigene Gattung etablieren und zugleich einen gänzlich neuen Motivkreis herausbilden, der sich den Malern nicht im fernen Italien sondern gleich vor der eigenen Haustür eröffnete: die heimatliche Flach- und Wasserlandschaft, gekennzeichnet durch niedrige Horizonte, hohe Wolkenhimmel, mannigfaltige Wasserwege, Binnenmeere und Küstenabschnitte. Dies war der Natur- und Landschaftsstoff, aus dem die Künstler schöpften, indem sie ihn beobachteten, studierten und variierten und auf Leinwand oder Holztafel für »die Ewigkeit« festhielten. Dabei boten der Rhythmus und Wechsel der Jahreszeiten ein ebenso willkommenes Repertoire wie die allfälligen Naturereignisse, die regelmäßig Überschwemmungen oder Deichbrüche nach sich zogen.

Das Altonaer Museum präsentiert jetzt mehr als dreißig, speziell unter Aspekten der Klima- und Wetterkunde ausgewählte, hochrangige Landschaftsgemälde und Graphiken aus Hollands Goldenem Zeitalter. Diese Meisterwerke stammen aus der Sammlung der Berliner Gemäldegalerie und des Berliner Kupferstichkabinetts sowie aus Privatbesitz. Was die künstlerische Qualität und die thematische Zusammenstellung betrifft, so stellt die Schau eine kleine Sensation dar. Gezeigt werden Gemälde der holländischen Meister Hendrick Averkamp, Aert van der Neer, Jacob van Ruisdael und Salomon van Ruisdael, Jan van Goyen und Isaack van Ostade.

Die Ausstellung wurde gemeinsam mit dem Altonaer Museum und in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit dem Geoforschungszentrum Potsdam in der Berliner Gemäldegalerie erarbeitet. Die Naturwissenschaftler entnehmen den Gemälden Informationen zu den klimatischen Verhältnissen, zu Wolkenformen und Wetterlagen des 17. Jahrhunderts (siehe hierzu die gesonderte Presseinformation des Geoforschungszentrums Potsdam). Die Epoche zwischen dem 16. und der Mitte des 19. Jahrhunderts ging unter dem Namen »Kleine Eiszeit« in die Geschichte ein; sie war geprägt von kühlen Sommern und kalten Wintern mit langen Frostperioden. In zahlreichen Winterlandschaften der holländischen Meister wird sie ins Bild gesetzt, ja geradezu inszeniert in frostig verschneiten Landschaftsgemälden, die zugefrorene Gewässer zeigen, auf denen bei Schlittschuhlauf und Schlittenfahrt der Winter als Vergnügen genossen wird.

In kunsthistorischer Perspektive steht die Frage nach dem Realitätsgehalt der Bilder im Zentrum. Die Landschaftsgemälde lassen sich trotz der naturgetreuen Wiedergabe nicht schlicht als klimatologische oder topographische Bestandsaufnahmen lesen. Sie wurden von den Malern nicht allein »naer het leven« (nach dem Leben), sondern zugleich auch »uyt deen gheest« (aus dem Gest) geschaffen und sind, paradox formuliert, realistische Erfindungen. Den holländischen Zeitgenossen wird bei der Betrachtung einer Winterlandschaft, in der verliebte Paare übers Eis gleiten, Kinder auf Rodelschlitten sitzen und auf zugefrorenen Kanälen Eisgolf spielen sowie Pferde schwere Lasten auf Kufen durch die verschneite Landschaft ziehen, immer auch der zweite, verborgene Sinn winterlicher Szenen in den Sinn gekommen sein, von dem das Sprichwort sagt: »Die op het ijs danst, glibbert«: Wer auf dem Eis tanzt, rutscht aus! Oder: Übermut tut selten gut!

Co-organizer

GeoForschungszentrum (GFZ), Potsdam

Publication

Die “Kleine Eiszeit”: holländische Landschaftsmalerei im 17. Jahrhundert
Bärbel Hedinger and Michael Budde
Catalogue of an exhibition held in 2001 in Hamburg (Altonaer Museum in Hamburg) and in 2001-02 in Berlin (Gemäldegalerie)
of an exhibition held in 2001 in Hamburg (Hamburger Kunsthalle) and Berlin (Gemäldegalerie)
92 pp.
Berlin (Gemäldegalerie, Staatliche Museem zu Berlin Preußischer Kulturbesitz) 2001
ISBN 3-88609-195-3

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