CODART, Dutch and Flemish art in museums worldwide
Johannes Vermeer (1632-1675), The Music Lesson (this painting is not related to the exhibition), 1662-65
Royal Collection, London
Thesaurus veteris et novi Testamenti: ein druckgraphischer Schatz aus Antwerpen
Thesaurus veteris et novi Testamenti: a printed treasure from Antwerp
Exhibition: 14 April - 12 June 2005
From the museum website
Die Erwerbung des Thesaurus veteris et novi Testamenti ist ein Glücksfall für das Museum der bildenden Künste: Der aus zahlreichen Serien bestehende Thesaurus (lat. Schatz) gilt als ein Höhepunkt der niederländischen Druckgraphik. Nahezu alle wichtigen Künstler zwischen dem Tode Pieter Bruegels und dem Beginn der Tätigkeit von Peter Paul Rubens wirkten an dem Bilderschatz mit.
Das nun erworbene 252 Kupferstiche umfassende Exemplar schließt eine Lücke im Bestand der Graphischen Sammlung und zählt zu den wichtigsten Neuzugängen der letzten Jahrzehnte. Gerade im Bereich der niederländischen Kunst war das Fehlen der Graphik des 16. Jahrhunderts spürbar, die vielen Blätter vor allem der Antwerpener Spätrenaissance sind angesichts der großen kunsthistorischen Bedeutung besonders willkommen. Der Thesaurus stammt aus dem Besitz eines belgischen Privatsammlers, dessen Entgegenkommen wir ausdrücklich hervorheben wollen. Der Ankauf wurde durch die IKB Bank, vor allem durch die Großzügigkeit des Direktors der Niederlassung Leipzig, Leo von Sahr, ermöglicht. Das Geschenk erinnert einmal mehr daran, welche Rolle das Mäzenatentum in der Geschichte des Museums der bildenden Künste spielte.
Der Thesaurus veteris et novi Testamenti ist eine aus zahlreichen Bildserien zusammengesetzte Kupferstichfolge zum Alten und Neuen Testament. Der Antwerpener Verleger Gerard de Jode gab seit 1579 die Blätter heraus, 1585 erschien eine erweiterte Fassung. In immer wieder neuen Serien zusammengestellt gibt es bei den erhaltenen Exemplaren (z.B. in Madrid,Brüssel,Paris und London) z.T. erhebliche Abweichungen im Aufbau. In der 1.Hälfte des 17. Jahrhunderts gelangten die Kupferplatten in den Besitz des Amsterdamer Verlegers Claes Jansz. Visscher. Visscher druckte seit 1639 nicht nur mithilfe der vorhandenen Platten nach, sondern erweiterte auch den Thesaurus in seinem Theatrum Biblicum durch neue Serien.
Die Entwerfer und Stecher
Der Thesaurus bildet einen repräsentativen Querschnitt der niederländischen Kunst zwischen ca. 1570 und 1610. Einer der ältesten Künstler – Michiel Coxie (1499-1591) war noch ganz dem klassischen Ideal Raffaels verpflichtet. Aber schon der nahezu gleichaltrige Maarten van Heemskerck (1498-1574) fand in der neuen Künstlichkeit und dem bewegten Pathos der Figuren seine Vorbilder in Michelangelo und Giulio Romano. Der wichtigste und produktivste Entwerfer – Maarten de Vos ( 1532-1603) – prägte schließlich mit seinem antiklassischen Stil maßgeblich die graphischen Folgen des Thesaurus. Die Stecher – vor allem Hans Collaert, Jan Sadeler, Cornelis Cort, Harmen Muller, Johann Wierix und Hieronymus Wierix folgten der Manier der Inventoren und setzten neue Maßstäbe in der Geschichte der Druckgraphik.
Thema und Inhalt
Thema vieler Bilderserien sind die Lebensgeschichten der zentralen Personen der Bibel. Eine große Rolle spielen dabei die Stoffe des Alten Testamentes, an denen – wie in einer Parabel – die Verfehlungen des sündigen Menschen vorgeführt werden. Auch bei den Gleichnissen des Neuen Testaments ist die Verkündigungsabsicht mit moralischen Lehren verknüpft. In den lateinischen Beischriften wird das Bild jeweils auf diese Weise interpretiert. Der Thesaurus ist jedoch immer auch Sammelobjekt gewesen; ein Publikum, das den Kunstwert der Blätter goutierte, war daher an den Neudrucken und Erweiterungen im 17. Jahrhunderts sehr interessiert.