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Schleswig-Holstein und die Niederlande: Aspekte einer historischen Verbundenheit

Schleswig-Holstein and the Netherlands: aspects of an historical tie Exhibition: 3 May - 26 September 2003

Curator

Marion Bejschowetz-Iserhoht.

From the exhibition website

Die Ernennung von Johann Christian (von) Zerssen zum Konsul des Königreiches der Niederlande im Jahr 1853 begründete eine bis heute bestehende Tradition, dieses Amt auf die männlichen Mitglieder einer Rendsburger Familie zu übertragen. Im Jahr 2003 jährt sich die Familientradition zum 150. Mal. Dieses Ereignis hat das Landesarchiv Schleswig-Holstein zum Anlass genommen, in einer Ausstellung und einem umfangreichen Katalogband verschiedene Aspekte der vielfältigen historischen Verbundenheit zwischen Schleswig-Holstein und den Niederlanden vorzustellen.

In der Entwicklung der historischen Gemeinsamkeiten waren die beiden Küstenländer keineswegs gleichwertige Partner. Zu unterschiedlich waren die Gewichte aufgrund der Überlegenheit der Niederlande auf vielen Gebieten verteilt. Die Herzogtümer profitierten von Impulsen, die von den Niederlanden ausgingen.

Am sinnfälligsten spiegelt sich der niederländische Einfluss dort, wo seine Auswirkungen bleibenden Eingang in den Sprachgebrauch gefunden haben. Deichbau und Entwässerung zeugen bis heute von niederländischen Vorbildern. Innovation und Fortschritt sind auch im Mühlenwesen auf den Sachverstand holländischer Mühlenbauer zurückzuführen. Sie galten mit ihren überlegenen Kenntnissen als die besten Konstrukteure von Windmühlen, und die von ihnen gebauten »Holländermühlen« prägten mit ihrer unverwechselbaren Silhouette über lange Zeit das Landschaftsbild Schleswig-Holsteins. Ein weiterer Bereich, den die Niederländer nachhaltig gestalteten, hat sich mit der Entwicklung des Meiereiwesens herausgebildet. Führend waren auch hier holländische Fachleute, die milchverarbeitende Betriebe leiteten und zu ökonomischem Erfolg führten. Bis in unsere Gegenwart findet sich ihr Wirken in Fachbegriffen wieder. Es bürgerte sich ein, von »Holländereien« zu sprechen, Meieristen waren »Holländer«, und bestens versorgte und ertragreiche Milchkühe erhielten gemeinhin das Prädikat »holländermäßig gut gefüttert«.

An niederländischen Vorbildern orientierte man sich ebenso im Jahre 1620 bei der am Zusammenfluss von Eider und Treene neu zu gründenden Stadt, die nach dem Gottorfer Herzog Friedrich III. ihren Namen Friedrichstadt erhielt. Mit der Ansiedlung von Glaubensflüchtlingen aus den Niederlanden hoffte der Herzog, seine Neugründung zu einer bedeutenden Handelsstadt mit einem Hafen für die Westküste heranwachsen zu lassen. Sowohl die äußere Gestalt Friedrichstadts mit Grachten, Sielzügen und Hausgiebeln, als auch die innere Struktur mit Verwaltung und Recht, sowie Kirchen- und Handelsleben lassen deutlich den niederländischen Einfluss erkennen.

Bei der Verwirklichung der alten Vorstellung, die Küsten Schleswig-Holsteins durch einen Kanal zu verbinden, konnte auch der dänische König nicht auf die Kenntnisse und Erfahrungen niederländischer Fachleute verzichten. Von ihrer Kompetenz, auf die man beim Bau des Schleswig-Holsteinischen Kanals und der Konstruktion seiner Schleusen und Brücken angewiesen war, profitierten in der Folgezeit wiederum ihre eigenen Landsleute. Denn sobald seit 1785 die Passage durch den Kanal auch fremden Schiffen offenstand, machten niederländische Kapitäne intensiven Gebrauch davon.

Die vielfältigen Beziehungen beider Länder gestalteten sich nicht nur aufgrund einseitiger Nachfrage, die Niederländer in Schleswig-Holstein zu gesuchten Partnern machte. Schleswig-Holsteiner waren durchaus auch in den Niederlanden begehrt. Der von den Niederländern im europäischen Nordmeer um Spitzbergen und Grönland betriebene Walfang ließ nach 1642 den Bedarf an erfahrenen Schiffs-Kommandeuren und Seeleuten stark ansteigen. So heuerten vor allem seekundige Bewohner der nordfriesischen Küste für die Sommermonate auf niederländischen Walfangschiffen an. In Amsterdam und anderen Anmusterungshäfen lernten sie die dortige Lebensart kennen und schätzen. Am Ende einer Reise waren sie aufgrund guter Verdienstmöglichkeiten für gewöhnlich in der Lage, allerlei Waren für zu Hause einzukaufen. Ihre Mitbringsel bestimmten nachhaltig die Wohnkultur insbesondere nordfriesischer Haushalte.

Als Beispiel für ein (Künstler-)Leben in beiden Welten steht der im Jahre 1623 in Tönning geborene und 1678 in Friedrichstadt gestorbene Maler Jürgen Ovens. Er verkörpert wie kaum ein anderer Künstler die engen kulturellen Beziehungen zwischen den Herzogtümern Schleswig und Holstein und den Niederlanden. Als Maler von europäischem Rang zeichnete er sich künstlerisch sowohl als Porträtmaler des Amsterdamer Patriziats als auch als Hofmaler der Gottorfer Herzöge aus. Darüber hinaus vermittelte er die Kunst der Niederlande in den schleswig-holsteinischen Norden.

Diese wechselseitige Aufgeschlossenheit in politischen, kirchlichen und kulturellen Fragen, in Wirtschaft, Handel, Technik und Kunst möchte die Archivausstellung unter Einbeziehung musealer Objekte veranschaulichen.

Catalogue

Ernst Joachim Fürsen and Reimer Witt, Schleswig-Holstein und die Niederlande: Aspekte einer historischen Verbundenheit, Schleswig (Landesarchiv Schleswig-Holstein).
ISBN 3-931292-72-X.